Trauerspiel um Radschnellverbindung in Uhingen
Der Radschnellweg wurde vom Uhinger Gemeinderat aufgrund der Flächenversiegelung abgelehnt aber nur ein Ausbau des Umweltverbundes kann den Flächenhunger des Autos eindämmen
Schon früh zeichnete sich ab, dass der Uhinger Gemeinderat unwillig bei der Umsetzung der Radschnellverbindung ist. Die Zustimmung zu den Planungskosten gab es aus Uhingen nur, weil der Landkreis den Beitrag der Kommunen übernahm und Radschnellwege mit hohen Zuschüssen von Bund und Land rechnen dürfen. Auch während der gemeinsamen Befahrung der geplanten Trasse im Juli 2023 war die ablehnende Haltung schnell spürbar.
Die empfohlene Trasse ist für die Planer und die Stadtverwaltung aber alternativlos, da die Trasse nördlich der Bahnlinie, aufgrund des hohen Grunderwerbes nicht zu bekommen ist. Die dritte Variante, die durch das Zentrum führen würde, ist wie jede Ortsdurchfahrt gespickt mit "Schwierigkeiten": wegfallende Parkmöglichkeiten, Geschwindigkeitsreduktionen, höhere Baukosten usw.
Hauptstreitpunkt ist in Uhingen die Flächenversiegelung durch die Vorzugsvariante entlang der 4-spurigen B10. Dieser Kritikpunkt ist grundsätzlich einmal richtig. Der Flächenverbrauch stellt ein immer größer werdendes Problem dar. Die Bevölkerung in Deutschland und in der Welt wächst. Gleichzeitig steigt der pro-Kopf-"Verbrauch" an Fläche, die jeder Mensch nutzt. Daher sind die Bedenken, die aus Uhingen ins Sachen Flächenversiegelung kommen grundsätzlich ein erstzunehmendes Problem und dürfen nicht einfach als unerheblich abgetan werden.
Gerade der Verkehrssektor "frisst" immer hemmungsloser unversiegelte Böden, weil die Menschen immer größere und schwerere Autos fahren, die auch irgendwo abgestellt werden müssen, wenn sie mal nicht gefahren werden. Die zunehmende Zahl an SUV beansprucht immer mehr des zur Verfügung stehenden Verkehrsraumes und speist Fußgänger und Radfahrende mit Restflächen ab.
Daher ist es enorm wichtig, dass die zur Verfügung stehende Fläche sinnvoll, nachhaltig und durchdacht eingesetzt wird. Fußgänger, Radfahrende und ÖPNV-Nutzerinnen und Nutzer benötigen nur einen Bruchteil der Fläche im Vergleich zum Kfz-Verkehr, was nachfolgende Darstellung aus eindrucksvoll zeigt. Die Fotos entstanden 1990 während der Fahrradtage in Münster. Wie würde wohl heute, nach über 30 Jahren, das linke Foto aussehen, wenn statt der in den 90er Jahren üblichen Autos, SUV abgebildet wären?
Ja, auch eine Radschnellverbindung versiegelt wertvollen Boden aber eben wesentlich weniger, als wenn für den zunehmenden Autoverkehr eine Straße ausgebaut werden soll. Gerade Autofahrten auf mittleren Distanzen zwischen 10 und 20 km, könnten im größeren Stil auf das Fahrrad verlagert werden. Dazu wird aber der Radschnellweg zwischen Süßen und Ebersbach dringend benötigt!
Anfang dieses Jahrhunderts waren in Heilbronn Überlegungen vorhanden, die B39 zwischen Weinsberg und Heilbronn über einen Bergsattel auszubauen, weil der Straßenverkehr immer mehr anschwoll. Dann kam aber satt dessen im 2005 der Ausbau und die Verlängerung der dortigen Schienenstrecke als Stadtbahnlinie. Mit einem Mal kam man bequem mit der Stadtbahn von Öhringen über Weinsberg nach Heilbronn. Die Folge: ein Ausbau der Bundesstraße war nicht mehr nötig.
Denselben Effekt hätte auch eine Radschnellverbindung im Filstal und damit könnte ein Teil des Verkehrs auf das platz- und damit flächensparende Fahrrad verlagert werden. Was im Landkreis Heilbronn gilt, gilt auch für den Landkreis Göppingen: man muss den Menschen Angebote machen, wenn die Verkehrswende funktionieren soll!
Der Uhinger Gemeinderat beharrt stur auf der eigenen Meinung, ungeachtet der anderen Beteiligten. Aber wie schon Gustav Heinemann sagte: „Wer auf andere mit dem ausgestreckten Zeigefinger zeigt, der deutet mit drei Fingern seiner Hand auf sich selbst."
Viele Radfahrenden üben heftige Kritik an der Streckenführung, weil der Schnellweg nicht durch das eigene Viertel führt, weil er nicht abseits des Straßenverkehrs im Grünen verläuft oder aber das Demonstrationsstück bei Ebersbach zu kurz ist und naturschutzrechtliche Bedenken werden klein geredet.
Die Streckenführung des RS14 ist nicht optimal, weil es keine optimale Lösung gibt. Sie ist und kann nur ein Kompromiss sein. Der Kompromiss ist ein Grundelement der Demokratie. Vielleicht ist das aber auch ein Zeichen der momentanen Zeit: mangelhafte Kompromissfähigkeit.
In der Schule ist mit einem Mangelhaft im Zeugnis die Versetzung in die nächste Klasse gefährdet. Deshalb sollten sich die Beteiligten im neuen Jahr nochmal hinsetzen und es besser machen.
Der Leiter des Amtes für Mobilität im Landratsamt, Jörg Wienecke sagte im Sommer 2023 im Uhinger Gemeinderat: "Das System des Radschnellwegs funktioniert nur, wenn alle mitmachen“. Wenn jemand bei einem strikten Nein zur Radschnellverbindung bleibt, muss man davon ausgehen, dass die Verkehrswende nicht gewollt ist.