Schwerer Unfall eines Radfahrers an Umlaufsperre auf Lautertal-Radweg
Am Montag, 16.11.2015 wurde ich Zeuge eines Notarzt-Einsatzes an der Privatzufahrt zum Gräflich Rechberg'schen Wohn- und Verwaltungsgebäude. Ein Radfahrer aus Böhmenkirch kollidierte mit einer so genannten Umlaufsperre und wurde schwer verletzt.
Der Unfall reiht sich ein in eine Vielzahl von Ereignissen. Vor etwa 4 Monaten ist beispielsweise nur 200 Meter entfernt an einer baugleichen Umlaufsperre eine Radlerin gestürzt und hat sich das Handgelenk gebrochen.
So geht das schon seit Jahren. Wobei wir nur von einem Bruchteil der Unfälle Kenntnis bekommen (durch Zufall). Kein einziger Sturz wird polizeilich gemeldet, weil es keinen Unfallgegner gibt bzw. der Gegner ein Metallgestell ist.
Es gibt aber – ernsthaft – folgende Faustregel: Begib Dich zum Radweg und befrage die ersten zehn vorbeikommenden Radler. Mindestens einer wird garantiert von einem Vorfall berichten können. Mit größerer Wahrscheinlichkeit sind es zwei oder gar drei von den zehn Personen.
Schon 2013 hat die Bürgerinitiative "Donzdorfer Fahr-Rat" auf das Problem hingewiesen. Nachdem deren Verbesserungsvorschläge kein Gehör fanden (es gab nur minimale kosmetische Anpassungen zu Alibi-Zwecken: abgeblätterte Reflexfolie wurde erneuert und ein bisschen Straßenbegleitgrün wurde zurückgeschnitten), hat sich diese an den ADFC gewendet, der sich seither ebenso ergebnislos an der Stadt abarbeitet.
Das pikante am jüngsten Unfall: Nur 2 Monate zuvor hatte der ADFC ein Gespräch mit dem Donzdorfer Ordnungsamt. Zum wiederholten Mal haben wir auf die Kontraproduktivität der Umlaufsperren hingewiesen und insbesondere beim gräflichen Anwesen um eine "Entschärfung" gebeten. Angesichts einer Frequenz von z.T. über 100 Radfahrern pro Stunde bei 3 bis 0 (null) Autos + Traktoren auf der gräflichen Privatzufahrt (siehe dazu Untersuchung der Bürgervereinigung im "blauen Medienkasten", Seite 17) haben wir auch eine Vorfahrtgewährung für den Radweg angesprochen - so wie dies z.B. in Süßen bei der Tierkörperbeseitigungsanlage der Fall ist. Die gräfliche Privatzufahrt scheint für die Stadt jedoch eine Art "heilige Kuh" zu sein. Das Thema wurde an dieser Stelle beendet und wir erhielten keine Begründung für die Tabuisierung.
Bei einer Gemeinderatssitzung im März waren die Umlaufsperren ein Punkt auf der Tagesordnung. Dabei hat Bürgermeister Stölzle dem Gremium einen Grundsatzbeschluss zum Erhalt aller Umlaufsperren abgerungen und - wenn auch widerwillig - das Ordnungsamt zu einem informellen Gespräch mit dem ADFC beauftragt. Ansonsten wurden nochmals kosmetische Änderungen vorgeschlagen, die aber bis heute nicht umgesetzt wurden.
Die Unfälle entwickeln sich in Donzdorf zur endlosen Geschichte. Wie in jedem Winter sind ALLE Schranken mittlerweile für den Winterdienst halbseitig geöffnet. Dies bleibt nun so bis März oder April, auch wenn zwischendurch schönstes Fahrradwetter herrschen sollte (dasselbe ist im Sommer laut Ordnungsamt trotzdem unverantwortlich). Pech für den jüngst verunglückten Radfahrer: Für ihn kam die Öffnung ein paar Tage zu spät.
Laut Rückmeldungen von anderen ADFC-Kreisverbänden hält Donzdorf möglicherweise einen Deutschland-Rekord: 11 Sperren auf 1,5 km (davon 8 Stück auf 800 Metern) sind andernorts bisher nicht bekannt. Wegen der Unfallträchtigkeit wurden viele Barrieren mittlerweile abgebaut (in der Region z.B. auf dem Klapperle-Radweg GP-Schwäbisch Gmünd). Bei neuen Radwegen wird inzwischen fast gänzlich auf Umlaufsperren verzichtet (z.B. Geislingen). Eine mit dem gräflichen Anwesen vergleichbare Situation dürfte deutschlandweit einmalig sein.
Hätte sich Bürgermeister Stölzle vor gut 15 Jahren durchgesetzt, dann gäbe es heute eine Erschließungsstraße für Autos anstelle des Radwegs (eine Bürgerinitiative hat dies damals verhindert). Abschließend sei deshalb die Frage erlaubt, ob die Privatzufahrt zum gräflichen Anwesen auch in diesem Fall vorfahrtberechtigt wäre.