Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Göppingen

Wilhelm Tell weigert sich, den Gesslerhut zu grüßen. Stahlstich von Christian Hoffmeister (1818–1871)

Radfahrer müssen in Donzdorf weiterhin den "Gesslerhut" grüßen

Am 23.03.2015 tagte in Donzdorf-Winzingen der Donzdorfer Gemeinderat und zementierte in einem Grundsatzbeschluss zur Beibehaltung der Umlaufsperren den Status Quo

Mit dabei waren unter den Zuhörern auch zahlreiche Radfahrerinnen und Radfahrer – so viele, dass weitere Sitzgelegenheiten organisiert werden mussten. Auf der Tagesordnung  stand dort u.a. auch der Punkt „Radverkehrssituation“. Alleiniger Gegenstand der dazugehörenden Debatte waren dabei die 11 Umlaufsperren auf dem Donzdorfer Abschnitt des Lautertalradweges (Streckenlänge 1.500 m). Der Beschlussvorschlag der Verwaltung hatte zum Ziel, alle 11 Drängelgitter ausnahmslos zu erhalten und diese lediglich an die Mindestanforderungen der ERA 2010 (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen) anzupassen.

Dem Vorschlag wurde nach anfänglichem Zögern vieler Gemeinderäte und einer verbalen Offensive von Bürgermeister Stölzle schließlich mit einer Gegenstimme und 3 Enthaltungen (von 23 Sitzen) stattgegeben.

Viele Gemeinderäte äußerten Anfangs den Wunsch, gemeinsam mit dem ADFC die Problematik zu erörtern. Diesen Wunsch wischte die Verwaltung mit dem scheinbaren "Kompromiss" beiseite, alle Umlaufsperren gemeinsam mit dem ADFC bezüglich ihrer Optimierung prüfen zu wollen, im Gegenzug wollte sie dafür aber eine Grundsatzentscheidung des Rates für den Erhalt aller Sperren. Diesem Vorgehen entsprach schlussendlich das Gremium.

Der ADFC Göppingen hält die Entscheidung aus folgenden Gründen für völlig inakzeptabel:

  • Die ERA2010 auf welche die Straßenverkehrsordnung verweist, sieht erhebliche Verletzungsrisiken für Radfahrer in den Umlaufsperren und sagt deshalb in Kapitel „11.1.10 - Sperrpfosten,  Umlaufsperren  und  ähnliche  Einbauten“: …  Sie  sind nur  gerechtfertigt,  wenn  der  angestrebte  Zweck  mit  anderen  Mitteln nicht erreichbar ist und die Folgen eines Verzichts die Nachteile für die Radverkehrssicherheit übertreffen …
  • Vollständig untragbar sind die beiden Umlaufsperren an der privaten Grundstücksausfahrt des Grafen von Rechberg. Dort werden Radfahrerinnen und Radfahrer auf ihrer Hauptroute durch das Lautertal ausgebremst damit die gräflichen Besucher direkt ins Anwesen gelangen können. Gefühlt spiegelt dies aus Radlersicht einen Zustand wider, der aus Friedrich Schillers Wilhelm Tell entnommen sein könnte. Dort soll Tell den an einem Stock aufgestellten Hut des Landesherrn, den sog. „Gesslerhut“ grüßen. Als Tell den Gruß verweigert kommt es zum berühmten Apfelschuss. Die Szene dient heutzutage als Synonym für die öffentliche Erzwingung untertänigen Verhaltens.
  • Die in der Online-Umfrage des ADFC gemeldeten Verletzungen von Radlern an den Umlaufsperren wurden als für die Entscheidung unerheblich abgetan.
  • Ein Interpretation der polizeilichen Aussage  „im Kreuzungsbereich der Umlaufsperren wurden keine Unfälle gemeldet“ dahin, dass die Sperren der Sicherheit von Radfahrern dienen ist sehr fragwürdig. Diese Aussage steht im starken Widerspruch zu den von uns ermittelten Fakten der oben genannten Umfrage.
  • Die Verwaltung zeigte keinerlei Bereitschaft, sich überhaupt mit alternativen Lösungen für Umlaufschranken zu beschäftigen.
  • Die Behauptung der Verwaltung, die bisherigen Lösungen seien mit dem ADFC abgestimmt ist unvollständig. Die letzte gemeinsame Erörterung des Themas stammt aus dem Frühjahr 2010 - vor Veröffentlichung der ERA2010. Damals wurde nur ein Minimalkompromiss erzielt – ähnlich den aktuell von der Verwaltung geplanten Maßnahmen. Auch das Gespräch mit der Bürgervereinigung „Donzdorfer Fahr-Rat“ hatte nur einen solchen Minimalkompromiss zu Folge.
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