Donzdorf erhält "Goldenen Pannenflicken 2016"
Mit dem Negativpreis "Pannenflicken" verdiente sich die Donzdorfer Stadtverwaltung eine Weihnachtsüberraschung der besonderen Art.
Die Auszeichnung wird seit 2006 an Städte und Gemeinden verliehen, die sich "allzu offensichtlich, mitunter grob fahrlässig, nicht an die Gesetze, Vorschriften und Empfehlungen in Bezug auf Radverkehr und Radverkehrsanlagen halten und damit die Gesundheit von Radfahrern und deren Rechtssicherheit gefährden".
Die Verleihung des in Radfahrerkreisen bundesweit bedeutenden und bekannten Negativpreises ist aus Sicht des ADFC Göppingen die logische Konsequenz aus einer kaum zu unterbietenden Wertschätzung des Verkehrsmittels Fahrrad bei den Verantwortlichen in Donzdorf.
Nachdem bereits seit Jahren an den zahlreichen Umlaufsperren bewusst Verletzungen von Radfahrenden in Kauf genommen werden, wurde auch im Jahr 2016 erneut deutlich, welchen Stellenwert der Radverkehr im Ort genießt: die beiden Radverbindungen von Donzdorf nach Süßen wurden im November ohne nachvollziehbaren Grund de facto komplett gesperrt.
Die "Initiative Cycleride" Stifterin des "Pannenflicken" bestätigte diese Praxis: "… Der politische Wille besteht trotz aller Bekundungen des Bundes und der Länder bei den regionalen Ämtern nicht ansatzweise, Radfahrern ihre Rechte und Freiheiten zuzugestehen. Dafür wird für Kraftfahrzeuge aller Orten gebaut, ausgebaut, saniert …".
Dass Donzdorf dabei trotzdem noch eine unrühmliche Sonderrolle einnimmt zeigt der Kommentar eines der Fachjuroren der Initiative Cycleride zur Verleihung des ersten Preises zum "Pannenflicken 2016": "… Dieser "Radweg" gleicht eher einem Schikane-Parcours. Durch die rekordverdächtige Konzentration von Umlaufsperren wird nicht nur das Fahrvergnügen erheblich geschmälert, sie stellt auch ein signifikantes Sicherheitsrisiko dar".
Trotz allen Widrigkeiten lassen sich die Menschen im Lautertal das Radfahren nicht verleiden. Bei der diesjährigen Aktion "Stadtradeln" wurde im Lkr. Göppingen von insgesamt 467 Teilnehmern nahezu die Hälfte (213) von zwei Teams aus dem Lautertal, dem ADFC Lautertal – Mittlere Fils (139) und dem AST Süßen (74) gestellt. Das Team des ADFC Lautertal war dabei sogar das zweitstärkste Team in Baden-Württemberg (insgesamt 703 Teams).
Die Verantwortlichen in Donzdorf sollten also die Bedürfnisse einer großen Anzahl von Mitbürgern nicht einfach ignorieren und sich deshalb den Wortlaut des Begleittextes zur Urkunde des "Goldenen Pannenflicken" der "Initiative Cycleride" zu Herzen nehmen:
"Seit etwa 15 Jahren befinden sich auf einer Länge von 1.500 Metern "Radweg (Mischweg mit Fußgängern) insgesamt 11 Umlaufsperren (davon 8 auf einer Länge von 800 m). Dieser sogenannte "Lautertalradweg" erfüllt die Erwartungen der Radfahrer nach einem gut und sicher befahrbaren Radweg schlichtweg nicht. Umlaufsperren sind von Rechts wegen Verkehrseinrichtungen im Sinne der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung. Die Aufstellung bedarf daher einer verkehrsrechtlichen Anordnung, die nur erfolgen darf, wenn mit der Umlaufsperre eine außerordentliche Gefahr abgewendet wird, die nicht mit weniger restriktiven Mitteln zu entschärfen ist.
Obwohl die betroffenen Radfahrer seit vielen Jahren gegen diese Schikanen protestieren, Zeitungen über zum Teil schwere Unfälle berichten und der regionale ADFC Sturm läuft, hält die Gemeindeverwaltung an diesen Sperren fest. Deren Meinung nach sind Knochenbrüche, gebrochene Handgelenke, Kopfverletzungen oder ausgeschlagene Zähne noch nicht ausreichend, um den "Sicherheitseinrichtungen" ein unzumutbares Gefährdungspotenzial zu bescheinigen. Eine Bürgerinitiative ermittelte an einer Querungsstelle bis zu 130 Radfahrer pro Stunde bei 0 ‐ 3 KFZ im selben Zeitraum. Ein eindeutiges Indiz einer extremen Benachteiligung von Radfahrern und Bevorzugung des kaum vorhandenen Kfz‐Verkehrs an Tempo‐30-Straßen. Statt mit Furten und Aufpflasterungen sowie Beschilderungen vor querenden Radfahrern zu warnen, bevorzugt man eine Art Sippenhaft. Auch nach Meinung der Initiative Cycleride müssen diese Umlaufsperren umgehend abgebaut werden.
Wir bitten um Beachtung sämtlicher Voraussetzungen zur Anlage von (Rad) Verkehrsanlagen und planungen aller Art sowie um Überprüfung Ihres übrigen bestehenden Radwegnetzes auf Vorschriftsmäßigkeit und Zustand. Bitte helfen Sie mit, dass sich die Radfahrer auch in ihnen unbekannten Regionen auf die Rechtsmäßigkeit, Sicherheit und Zumutbarkeit von Radverkehrseinrichtungen verlassen können. Für diesbezügliche schriftliche Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung und bitten um Rückmeldung, wenn sich die aktuelle Situation verbessert hat."
Weitere Informationen zur Initiative Cycleride und zum Pannenflicken lesen Sie hier.