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Ergebnisse ADFC-Fahrradklima-Test 2018 vorgestellt

Radfahrende fühlen sich in Baden-Württemberg zunehmend unsicher. Deutliche Unterschiede in der Bewertung bei Städten und Gemeinden im Landkreis Göppingen

Am 09. April wurde im Berliner Bundesverkehrsministerium der neue Fahrradklima-Test vorgestellt. Das Fahrradklima, also die Zufriedenheit der Befragten beim Radfahren, hat sich nach Einschätzung von mehr als 21.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der ADFC-Umfrage in Baden-Württemberg weiter verschlechtert.

2014 wurde das Fahrradklima im Land noch mit der Schulnote 3,7 bewertet, 2016 mit 3,8 – 2018 mit 3,9. Der Spaß am Radfahren nimmt also das dritte Mal in Folge ab. Im Kreis Göppingen sind die Werte etwas besser. Nach 3,7 vor 2 Jahren lag die durchschnittliche Bewertung in aktuellen Test bei 3,6. Sieben Städte und Gemeinden aus dem Kreis Göppingen haben die erforderliche Mindestanzahl an Bewertungen erreicht und es in die bundesweite Wertung geschafft.

Donzdorf ist Schlusslicht im Land

Die Frage ob Radfahren im Ort Spaß macht oder eher Stress verursacht, fiel im Falle von Donzdorf eindeutig aus. Die Schulnote 4,4 stellt der Stadt im Lautertal das schlechteste Zeugnis aller Orte in Baden-Württemberg in der Kategorie bis 20 Tsd. Einwohner aus. Besonders auffällig ist, dass die Wertschätzung der Radfahrenden im Ort sehr schlecht zu sein scheint: der „Stellenwert des Radverkehrs“ wird mit der Schulnote 4,7 bewertet; „Werbung für das Radfahren“ (5,0), „Fahrradförderung in jüngster Zeit“ (5,1) und „Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer“ mit 4.6. Aber auch der Hauptgrund, der Menschen von der Nutzung des Fahrrads abhält - ein mangelhaftes Sicherheitsgefühl - ist in Donzdorf sehr ausgeprägt. So wird die konkrete Frage danach mit 4,7 beurteilt und die Frage zu „Hindernissen auf Radwegen“ mit 5,4.

Gute Wertungen für Eislingen und Bad Boll

Ganz anders, nämlich deutlich positiver beurteilen die Radfahrenden die Situation in Bad Boll und in Eislingen.

Eislingen erreicht unter den Städten von 20 Tsd. bis 50 Tsd. Einwohnern mit der Gesamtnote 3,3 einen beachtlichen 3. Platz unter 50 Städten dieser Kategorie in Baden-Württemberg. Auch wenn in Eislingen aus Radfahrersicht vieles noch nicht optimal ist, so wird von den Radfahrenden doch honoriert, dass die Stadt sehr viel Engagement beim Ausbau der Fahrradinfrastruktur zeigt. So z.B. bei den Planungen zur Radschnellverbindung im Filstal, beim Rückbau der Nordverbindung, bei der Einrichtung eines Mobilitätspunktes am Bahnhof und auch die sukzessive Umsetzung des Radverkehrskonzeptes ist hier zu nennen. Dieses drückt sich auch in den Noten aus: „Infrastruktur Radverkehrsnetz“ (2,7), „geöffnete Einbahnstraßen“ (2,9), „Erreichbarkeit des Stadtzentrums“ (2,1) und „Fahrradförderung in jüngster Zeit“ (2,8).

Bad Boll, der kleinste in die Wertung gekommene Ort im Landkreis Göppingen, setzt schon traditionell eher auf Nachhaltigkeit. Entsprechend diesen Rahmenbedingungen wurde vor allem der „Spaß am Radfahren“ (2,0), die „Erreichbarkeit des Stadtzentrums“ (1,9) und der „Fahrraddiebstahl“ (2,4) positiv bewertet. Insgesamt erreichte die zum ersten Mal in die Wertung gekommene Gemeinde mit der Note 3,2 den 4. Platz aller Orte unter 20 Tsd. Einwohnern in Baden-Württemberg.

Stagnation in Göppingen

Als einzige der sieben bewerteten Kommunen im Landkreis hat sich die Kreisstadt Göppingen verschlechtert. Sie rutschte in der Bewertung von 3,5 im Jahr 2016 deutlich auf die Note 3,8 ab. Schlechte Wertungen erhielt die Stadt bei der „Falschparker-Kontrolle auf Radwegen“ (4,4), der „Reinigung der Radwege“ (4,3), dem „Winterdienst“ (4,4) und der „Führung an Baustellen“ (4,6). Außerdem wurde die „Breite der Radwege“ (4,6) bemängelt. In Göppingen wird also vor allem die Wertschätzung gegenüber Radfahrenden kritisiert. Hier wiederholt sich die Kritik aus dem Jahr 2016. Die Förderung des Radverkehrs stagniert in Göppingen oder zumindest kommt sie bei den Radfahrerinnen und Radfahren nicht an.

Anfängliche Erfolge aus der „Radverkehrsstrategie“ der Stadt aus dem Jahr 2012 werden momentan wieder verwässert. Zum Beispiel durch die Auswirkung der sogenannten „Brezeltaste“ auf der Göppinger Hauptstraße. Autofahrer können dort auf eigentlich nicht vorhandenem Platz kurzzeitig kostenlos parken, damit sie die berühmte Brezel vom Bäcker holen können. Das Radfahren wird dadurch aber zum „Spießrutenlaufen“, was Gelegenheitsradler davon abhält aufs Rad zu steigen.

Mit Engagement gegen die Unsicherheit auf dem Fahrrad

Außer den genannten Orten haben es im Kreis Göppingen auch die Städte Geislingen (Note 3,7) und erstmals auch Ebersbach (3,6) in das bundesweite Ranking geschafft. Süßen konnte beim aktuellen Klimatest mit der Note 3,45 als einzige Kreisgemeinde das Ergebnis von vor zwei Jahren (3,6) etwas deutlicher verbessern, was bestimmt z.T. auch einem, dem Verkehrsmittel Fahrrad gegenüber aufgeschlossenem Bürgermeister und manchem mutigen Kommunalpolitiker zu verdanken ist.

Engagement zahlt sich aus, Nichtstun rächt sich: Systematische Radverkehrsförderung bringt kontinuierliche Verbesserungen beim Fahrradklima und eine positive Wahrnehmung bei den Radfahrenden. Doch auch die Gewinner beim Fahrradklimatest sind nur bessere Verlierer (z.B. Eislingen), die mit nur befriedigender Schulnote (3,3) zu Gewinnern werden.

Die Fachwelt unterscheidet in vier Fahrradtypen: die „Starken und Furchtlosen“ (ca. 1 %), die „Begeisterten und Zuversichtlichen“ (7 %), die „Interessierten aber Besorgten“ (60 %) und die, die „unter keinen Umständen radfahren wollen“ (33 %).

Die aktuelle Radverkehrsförderung orientiert sich an den 8 % Furchtlosen oder Begeisterten. Wie kann aber der überwältigenden Mehrheit von 60 % die Unsicherheit und Angst auf dem Fahrrad genommen werden? Die Umfrage gibt einen Anhaltspunkt, wie sich das ändern lässt: Immer mehr Menschen geben an, dass sie lieber getrennt vom Autoverkehr Rad fahren wollen: 81% der Radfahrenden finden es wichtig oder sehr wichtig an einer Straße getrennt vom Autoverkehr unterwegs zu sein, bei den Frauen sind es sogar 86%. Das fehlende Sicherheitsgefühl kommt sehr häufig von schlechten oder zu schmalen Radwegen und der Nähe zum schnellen Autoverkehr.

ADFC fordert #MehrPlatzFürsRad

Das Unsicherheitsgefühl der Radfahrenden und die Unzufriedenheit mit der Rad-Infrastruktur sind nach Überzeugung des ADFC der zentrale Grund, warum der Radverkehr im Land nicht – wie politisch gewünscht – deutlich anwächst. Der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr in Baden-Württemberg liegt aktuell bei 10 Prozent (bundesweit 11 Prozent), möglich und sinnvoll wären 30 Prozent, wie in den Niederlanden. Doch dafür ist es nach Auffassung des ADFC zwingend nötig, dem Radverkehr viel mehr Platz im Straßenraum zu verschaffen. Mit der bundesweiten Mitmach-Kampagne #MehrPlatzFürsRad macht der ADFC ab sofort auf diese Forderung aufmerksam. Mehr Informationen auf www.mehrplatzfuersrad.de

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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