Die Brezeltaste bremst die Stadtentwicklung

Ein Offener Brief des ADFC Göppingen zur Beibehaltung der sogenannten Brezeltaste zum kostenlosen Autoabstellen auf der Göppinger Hauptstraße

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club hat mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen, dass sich bei den jüngsten Haushaltsberatungen keine Mehrheit für die Abschaffung der kostenlosen Brezeltaste abgezeichnet hat. Gebührenfreies Parken in der Stadtmitte schafft nicht nur Verkehrsprobleme, sondern auch negative Effekte für Handel und Gastronomie. Es mag im ersten Moment paradox klingen, aber es ist durch viele Studien und Praxis- erfahrungen belegt: Einzelhändler und Gastronomen im Stadtzentrum profitieren nicht von Parkplätzen vor der Ladentür. Im Gegenteil: Durch verkehrsvermeidende Maßnahmen steigen die Umsätze im Einzelhandel um bis zu 20%. Auch der Anteil von leerstehenden Geschäftslokalen nimmt ab, wenn der Autoverkehr reduziert wird.

Selbstverständlich gelten diese Zahlen nicht für den Baumarkt auf der grünen Wiese. Aber sie treffen exakt für jene Innenstadtlage zu, in der sich derzeit die Brezeltaste befindet. Das Institut für Trend- und Zukunftsforschung (ITZ) stellt dazu fest, dass „der Handel die Bedeutung von Autofahrern und Parkplätzen überschätzt.“

Auch eine Analyse der AGFK (Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen) Bayern wird vom ITZ bestätigt. Die AGFK kommt zu dem Ergebnis, dass

„der innerstädtische Einzelhandel durch autogerechte Verbraucherparks auf der grünen Wiese und den Onlinehandel stark unter Druck geraten ist. Hier müssen Gegenmittel gefunden werden. Die Stadt autogerecht zu gestalten, kann nicht der richtige Weg sein, da sie nie so autogerecht sein kann, wie der Verbraucherpark auf der grünen Wiese.

Mit Hinblick auf das heutige ‚Shoppen‘, das oft auch Freunde treffen, Kaffee trinken und Essen gehen oder sich einfach durch die Stadt treiben lassen impliziert, müssen der Einzelhandel und die Innenstadt an sich also an ihrer Attraktivität arbeiten.“

Attraktive Innenstädte entstehen aber nur dann, wenn das PKW-Aufkommen reduziert wird und dadurch mehr Menschen aufs Rad steigen oder zu Fuß durch die Stadt flanieren. Es ist kein Zufall, dass sich die begehrten 1a-Lagen des Einzelhandels nicht an viel befahrenen Straßen befinden, sondern in Fußgängerzonen.

Seit Einführung der Brezeltaste sind die „Flaniermeile“ Hauptstraße und die angrenzenden Seitenstraßen oft verstopft mit geparkten PKW und Fahrzeugen auf Parkplatzsuche.

In diesem Chaos versuchen Radfahrer und Fußgänger, ihren Platz zu finden. Unsichere Radfahrende weichen deshalb auf den Gehweg aus. Das ist zwar vorschriftswidrig, es geschieht aber in den allermeisten Fällen nicht aus Respektlosigkeit vor zu Fuß gehenden. Sondern aus Angst vor tonnenschweren Kfz, deren Lenker/innen durch die Parkplatzsuche abgelenkt sind.

Das alles spielt sich auf einer Straße ab, über die mehrere Radstrecken geführt werden. Darunter auch die Filstalroute und die Alltagsroute des RadNETZ BW, also die zentralen Radrouten des Landkreises.

Die Abschaffung der Brezeltaste ist aus Sicht des ADFC eine ganz wesentliche Voraus- setzung, um die Göppinger Innenstadt fit für die Zukunft zu machen. Nach heutigen Maßstäben für Verkehrs- und Innenstadtplanung sollte die Hauptstraße sogar komplett für den motorisierten Individualverkehr gesperrt werden.

Bei einem Besuch von Nachbarstädten wie Schwäbisch Gmünd, Esslingen oder Kirchheim können Sie sich davon überzeugen, wie attraktiv Innenstädte ohne (kostenlose) Parkplätze sein können. Wir würden es sehr begrüßen, wenn sich auch Göppingen in diese Richtung bewegen würde.

Diskussionen um höhere Parkgebühren oder gar die Abschaffung von Parkplätzen scheitern immer wieder am vermeintlichen Schaden, der dem Einzelhandel oder der Gastronomie dadurch entstehen könnte. Ähnliche Befürchtungen haben auch jahrzehntelang ein Rauchverbot in Gaststätten verhindert. Leider wird aber oft gerade durch das Festhalten an Gewohnheiten eine positive Entwicklung verhindert.

Falls Ihnen die Entscheidung zu einer dauerhaften Abschaffung der Brezeltaste schwer fallen sollte, empfehlen wir Ihnen deshalb dringend, dies zumindest für einen befristeten Zeitraum von z.B. 6 oder 12 Monaten zu testen und die Situation anschließend neu zu bewerten.

Für weitere Informationen steht Ihnen der ADFC Kreisverband Göppingen gern zur Verfügung.

https://goeppingen.adfc.de/pressemitteilung/die-brezeltaste-bremst-die-stadtentwicklung-2

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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